Das Sozialgericht Bremen hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil (Az. S 28 AS 1213/16) entschieden, dass die seitens des Jobcenters Bremen im Rahmen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenzen für Mietkosten nicht schlüssig ermittelt worden und daher rechtswidrig sind.
Nach dem Gesetz ist das Jobcenter nur dann verpflichtet, die Unterkunfts- und Heizkosten eines Arbeitslosengeld II-Empfängers zu übernehmen, wenn die Kosten „angemessen“ sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Wann die Kosten angemessen sind, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss das zuständige Jobcenter für die Ermittlung der angemessenen Kosten auf ein sog. schlüssiges Konzept zurückgreifen. In Bremen galt diesbezüglich in dem Zeitraum Januar 2014 bis Februar 2017 die Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen der Freien Hansestadt Bremen zu § 22 SGB II vom 1. Januar 2014 “, in denen die angemessene Miethöhe geregelt ist. Über die Frage, ob die Mietkostengrenzen diesen Vorgaben entsprechen, wird zwischen den Leistungsbeziehern und den Jobcentern häufig gestritten.
Die 28. Kammer des Sozialgerichts Bremen hat nun in dem Verfahren einer dreiköpfigen Familie aus Bremen entschieden, dass das dortige Jobcenter die Übernahme der Mietkosten nicht auf die Werte der genannten Verwaltungsanweisung begrenzen durfte. In dem Fall bewohnte die Familie eine Mietwohnung in Bremen, für die eine monatliche Bruttokaltmiete i.H.v. 654,00 bzw. 645,00 € zu zahlen war. Das Jobcenter Bremen forderte die Kläger zunächst im September 2014 auf, die Unterkunftskosten zu senken und wies darauf hin, dass die Obergrenze für die anzuerkennende Bruttokaltmiete bei 507,00 € liege. Anschließend bewilligte es für den Zeitraum Dezember 2015 bis Juli 2016 den Klägern lediglich Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der nach der Verwaltungsanweisung geltenden, „gedeckelten“ Bruttokaltmiete i.H.v. 507,00 € monatlich. Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens klagten die Kläger gegen die ihrer Ansicht nach zu niedrige Festsetzung der Bruttokaltmiete und auf Übernahme einer höheren Bruttokaltmiete.
Das Sozialgericht bestätigte die Auffassung der Kläger. Hinsichtlich des Zeitraumes Dezember 2015 bis Februar 2016 sei die zu übernehmende Bruttokaltmiete nicht auf die Werte der Verwaltungsanweisung begrenzt, weil diese nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgrund eines schlüssigen Konzepts ermittelt worden seien. Allerdings seien die Mietkosten nicht unbegrenzt zu übernehmen. Mangels eigener Ermittlungsmöglichkeiten greift das Gericht entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Obergrenzen für die Bruttokaltmiete auf die jeweils geltenden Werte von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages i.H.v. 10% zurück. Hinsichtlich des Zeitraumes März bis Juli 2016 sei eine Begrenzung nach dem Sozialgericht nicht vorzunehmen, weil es insoweit an einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung seitens des Jobcenters Bremen fehle.
Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt. Das Verfahren wird dort unter dem Az. L 15 AS 225/18 geführt.
Der Entscheidung der 28. Kammer kommt über die konkret entschiedenen Zeiträume hinaus eine grundsätzliche und weitreichende Bedeutung zu, da die Geltung der Angemessenheitsgrenzen nach der Verwaltungsanweisung für Hartz IV-Empfänger in einer erheblichen Anzahl an Streitigkeiten vor dem Sozialgericht Bremen jedenfalls mittelbar streitig ist.
Das Urteil des Sozialgerichts ist im Volltext in anonymisierter Form abrufbar unter: www.sozialgericht-bremen.de (unter Entscheidungen).
Ansprechpartner:
Pressesprecher des Sozialgerichts Bremen
Richter am Sozialgericht Christian König
Fax: 0421/361-6911
Tel.: 0421/361-10867
E-Mail: pressestelle@sozialgericht.bremen.de
Post: Pressestelle
Sozialgericht Bremen
Am Wall 198
28195 Bremen